warum Kunst?

Von einigen heiß und innig geliebt, von anderen als Nebenfach stiefmütterlich behandelt. Und ja, viele Menschen kommen gut durch ihr Leben, ohne zeichnen, malen oder plastizieren zu können, ohne bei Museumsbesuchen die Exponate in ihre jeweilige Epoche einordnen zu können und ohne druckreife Analysen aus dem Ärmel zu schütteln. Die Frage nach der Berechtigung des Fachs Kunst stellt sich in vielen Köpfen automatisch ein.

Bilder gibt es genug, sie umgeben uns alle. Wir leben in einer sichtbaren Welt. Und an dieser visuellen Kultur ist eine kritische Teilhabe nur dann möglich, wenn der Umgang mit Bildern geübt wird. Bilder können manipulativ sein, sie können unseren Blick lenken und unser Denken beeinflussen. Sie können Fragen aufwerfen und unsere Sehgewohnheiten irritieren. Sie können immer gleiche Klischees reproduzieren oder uns den eigenen Blick auf die Welt verdeutlichen. Sie können uns die Weltbilder derer erkennen lassen, die sie hergestellt haben und derer, die sie verbreiten. Nur indem wir gemeinsam und im Austausch miteinander über Bilder ins Gespräch kommen, können wir über ihre Aussage diskutieren und verhandeln, ob wir diese teilen.

Nur indem wir gemeinsam feststellen, dass manche Bilder uns stärker berühren, als andere, dass wir unterschiedliche Schlüsse aus ihnen ziehen können, lernen wir, dass Kunstwerke oftmals bedeutungsoffen sind. Sie sind kein Rätsel, das geknackt werden muss, damit wir auf dasselbe Ergebnis kommen, sondern eine Frage und ein Denkangebot an uns - als Kultur, als Gruppe, als Individuum. Diese Denkangebote in einer Welt aus Bildern nicht lesen zu können, macht unser Leben ärmer.

Zum Verständnis von Bildern gehört aber auch, selbst tätig zu werden, denn auch als RezipientIn verstehen wir die Bilder anderer besser, wenn wir uns selbst in Autorenschaft geübt haben.

Dieser Umgang mit Bildern, rezipierend, produzierend und beide Tätigkeiten reflektierend, ist das Kerngeschäft des Kunstunterrichts. Bilder sind nichtsprachliche Kommunikation, die geübt und erprobt werden muss, um die Welt und uns in der Welt besser verstehen zu können. Das bildliche Vorstellungsvermögen, das sich hierbei entwickelt, ist die wesentliche Voraussetzung, um sich Zusammenhänge zu eigen zu machen - auch solche, die ganz basal benötigt werden, um sich den Aufbau eines Moleküls, eines Motors, einer Zelle oder einer Kultur vorzustellen.

Das „Lesen und Schreiben“ von Bildern ist somit ein Träger aller anderen Fächer und auch aus diesem Grund ein Schwerpunkt am Gymnasium Am Kothen, an dem es durchgehend und auf hohem Niveau unterrichtet wird.